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*Achtung: alle, die nicht fließend Sarkasmus sprechen, bitte nicht weiterlesen!*
Ich habe noch nie wirklich darüber geschrieben, aber eigentlich, wenn ich ganz, ganz ehrlich bin, ist Reisen ja im Grunde das, was mein Leben komplett ruiniert hat.
Wenn ich manchmal am Strand liege, mir schon wieder den Bauch in der ewigen Sonne brutzeln lasse oder, wie gerade, in einem bunten Café in Mexiko nach einer Patata mit Salat noch eine leckere Schokomilch schlürfe, dann komme ich endlich mal zum Nachdenken zwischen all den Erlebnissen und Sehenswürdigkeiten der letzten Monate, und dann wird es mir plötzlich bewusst:
Reisen hat mich auf viele verschiedene Arten komplett verdorben.
Und ich bin ganz offiziell nun ein hoffnungsloser Fall, bei dem vermutlich alle aufgegeben haben, sich zu fragen, was aus mir denn noch werden soll…
Reisen frisst all mein Geld auf.
Manchmal überlege ich mir, was ich alles haben könnte, wenn ich nicht all mein Geld für das Reisen ausgeben würde.
Ich könnte in einer 46-m²-Wohnung leben, voll mit Deko-Material auf den Fensterbänken, könnte jeden Abend vor meinem 26″ Flachbildfernseher liegen und mir den Schund auf RTL reinziehen, den ich jetzt immer verpasse, weil ich stattdessen endlos viele Sonnenuntergänge überall auf der Welt anschaue.
Ich meine, irgendwann hat man die ja schließlich auch satt, oder?!
Reisen lässt mich die Dinge gar nicht mehr schwarz-weiß sehen.
Früher war es so viel einfacher, mich über die Politik oder die neusten Dramen in Deutschland aufzuregen.
Ich konnte mir viel leichter festgefahrene Meinungen über Luxusprobleme aneignen, weil ich einfach nicht wusste, wie andere Menschen leben und womit sie tagtäglich zu kämpfen haben.
Heute muss ich mir ständig Sorgen machen, dass mein Blutdruck zu niedrig ist, weil ich mich kaum noch über irgendetwas richtig gut aufregen kann. Das nervt.
Reisen hat mir den Geschmack verdorben.
Früher war ein Vollkornbrot mit Käse langweilig, und ich musste in exotische Restaurants, um mich mal geschmacklich richtig zu verwöhnen. Heute bekomme ich bei dem gleichen Butterbrot feuchte Augen, und irgendwie schmecken die exotischen Thai-Restaurants, der Mexikaner und Japaner in Deutschland fade.
Das hab ich den vielen Gerichten zu verdanken, die mir überall auf der Welt gezeigt haben, was authentische Landesküche ist.
Wo soll ich denn jetzt noch essen, wenn ich mal in Deutschland bin??
Muss ich wohl das Käsebrot nehmen, aber wenn ich mich darüber freue, schauen mich immer alle so komisch an…
Reisen hat mir sämtliche Vorfreude auf das Wochenende genommen.
Seit ich reise und arbeiten kann, wann ich will, verschwimmen die Wochentage vor meinen Augen. Meist weiß ich gar nicht, welcher Tag überhaupt und welche Uhrzeit gerade in Deutschland ist, ist auch jedes Mal ein mathematischer Krampf.
Das deprimiert mich schon ein wenig, dass das Wochenende nun im Grunde irgendwie jeden Tag sein könnte…
Reisen hat mich völlig unfähig gemacht, mich mit „normalen“ Menschen zu unterhalten.
„Und was machst Du so?“ ist die Frage, die ich am meisten hasse. Denn ich bin von den meisten Antworten darauf oft gelangweilt. Ich meine, früher war es total cool, jemanden kennenzulernen, der in einer Bank arbeitet oder Lehrer ist.
Heute bedrückt es mich total, dass Menschen nur 6 Wochen Urlaub im Jahr haben. Das war mir früher völlig egal und total selbstverständlich. Ich wünschte, ich könnte wieder in der süßen Wolke des Unwissens leben, dass „Arbeit“ in unserer Zeit nicht mehr so sein muss.
Reisen hat mich angreifbar gemacht, für all diese wohltätigen Organisationen.
Echt jetzt, früher war es mir ein bisschen egal, wie es anderen Menschen in Entwicklungsländern geht. Klar, hat es mich traurig gemacht, wenn ich Bilder davon im Fernsehen gesehen habe (weshalb ich dann auch immer schnell umgeschaltet habe), und an Weihnachten habe ich auch immer mal gespendet, aber sonst war das ja auch immer alles ganz weit weg.
Seitdem ich reise und in Ecken war, wo ich nicht umschalten konnte, wenn ich durch die Straßen gelaufen bin, und wirklich arme Menschen genau diese ihr Zuhause nennen, seitdem bin ich total empfänglich für solche komischen Gefühle, wie die Welt zu einem besseren Ort machen zu wollen.
Ich kann Dir sagen, das raubt ganz schön viel Zeit und Energie…
Reisen hat mein Deutsch komplett versaut.
Ich rede momentan Spanisch, träume oft noch in Englisch – und mein Deutsch?! Davon fangen wir besser gar nicht erst an.
Meine Grammatik, ey, geht gar nicht mehr… und wie hieß noch mal das deutsche Wort für Charity?!
Reisen ist gefährlich: Es hat mir die antrainierte Vorsicht vor fremden Kulturen genommen.
Ich weiß, ich weiß. Eigentlich sind alle Muslime Terroristen. Ich hab das ja oft genug in den Medien gesehen und gehört.
Aber seitdem ich reise, da fällt es mir immer schwerer, misstrauisch, unfreundlich und rassistisch zu sein.
Ich weiß auch nicht, was da bei mir nicht richtig tickt.
Und die muslimischen, palästinensischen und jüdischen Menschen, die ich kennengelernt habe, die so freundlich zu mir sind und die mir in Jerusalem beim Wäschewaschen im Waschsalon oder beim Taxifahren erzählen, dass niemand hier diese Kriege will, außer den Politikern… ich meine, das ist doch bestimmt alles nur Fake und geschauspielert, oder?!
Reisen hat all meine Träume vernichtet.
Am traurigsten bin ich darüber, dass mir das Reisen so viele Träume zerstört hat. Früher hatte ich eine endlose Liste von Traumzielen, und nun hab ich so viele davon gesehen und konnte live erleben, wie wunderschön sie sind.
Was bleibt mir denn jetzt noch?!
Reisen hat dafür gesorgt, dass ich nie wieder glücklich sein kann.
Letztendlich hat es mich in der grundlegendsten Sache total versaut: Ich werde nie wieder in Deutschland leben können, in einer normalen Wohnung, mit einem Alltag, bei dem ich morgens um 7 aufstehe (oder sogar noch früher), ins Büro fahre, den halben Tag damit verbringe, dem Wochenende entgegenzufiebern, und von meinen 14 Tagen Urlaub im Oktober zu träumen. (Eigentlich hätte ich lieber im August Urlaub nehmen wollen, aber das ging nicht, weil die Kollegin ja Kinder hat und so…)
Ich werde es nie wieder stillschweigend ertragen können, an der Supermarktkasse einer miesmuffeligen Kassiererin mein hart verdientes Geld in die Hand zu drücken oder mich am Zugticketschalter anpöbeln zu lassen, dass ich zu lange brauche.
Es hat alles in meinem Leben verdreht und mir vermutlich auf ewig die Chance genommen, eine ganz normale Hausfrau, Mutter, Patentante, Angestellte, Freundin, Bekannte oder Selbständige zu sein.
Ich werde immer herausstechen, immer der Sonderling und irgendwie anders oder seltsam sein. Ich bin die, vor der Dich Deine Mutter warnt, weil sie nichts als Flausen im Kopf hat. Ich bin die, die ein ganz schlechter Einfluss ist.
Ich bin die, die Dich herausfordern wird, die Welt mit anderen Augen zu sehen.
Umzudenken und nachzufragen. Ich bin die, die in Dein Leben braust wie ein Wirbelwind. Bei der Du noch mit offenem Mund dastehst, wenn ich schon längst wieder herausgerauscht bin und alles, was Du dachtest zu wissen, einmal komplett verdreht hat.
Wenn Du also nicht in Gefahr geraten willst, so vermurkst zu enden wie ich, dann kann ich Dir nur einen Rat geben:
Fang bloß nie an zu reisen!
*Dieser Artikel wurde von Sabina inspiriert.*
Christiane (Travelchrissy) meint
Hallo Carina,
deinen Artikel finde ich total interessant. Beim lesen schwang ich zwischen Lachkrach und Frustrastion, denn die Welt entdecken liegt bei vielen Menschen im Herzen, doch manchmal fehlt der Mut, das Geld oder die Lebenssituation passt gerade nicht.
Von einer Weltreise bin ich leider auch noch weit entfernt, aber ich hatte das Glück (oder den Mut) nach der Schule in die Türkei auszuwandern ohne jeglichen Informationen und ohne Vorurteile. Sieben Jahre habe ich dort gelebt und es war wunderbar, nervenaufreibend und super lehrend. Letztes Jahr bin ich wieder zurückgekommen. Wieder ein Start von Null und Deutschland verwundert mich jeden Tag mehr 😀
Delia meint
Ein Reiseblog Beitrag auf sarkastisch! Der Hammer! Ich war super entertaint beim Lesen! LG
Carina meint
Hahaha – das freut mich, Delia! 😀
Annemarie meint
Super gesagt! „Ich konnte mir viel leichter festgefahrene Meinungen über Luxusprobleme aneignen, weil ich einfach nicht wusste, wie andere Menschen leben und womit sie tagtäglich zu kämpfen haben.“
Reisen öffnet einen wirklich den Blick auf die Welt und da kann man noch so viel versuchen zu Hause zu erklären, was man alles erlebt und gelernt hat, man muss es selber mal getan haben.
Fabian meint
Echt toll geschriebener Beitrag. Meine Freundin und ich fliehen im Oktober aus dem Alltag und gehen 1 Jahr auf Weltreise. Mit so einem Plan vergeht der tägliche gleiche Büro Alltag zumindest sehr schnell und die Vorfreude ist riesig.
Ich freu mich schon drauf mein Leben „so richtig zu versauen“ 🙂
Claudia meint
Ja, ja und nochmals JAAAA!
Du schreibst mir direkt von der Seele! Am 1. Januar 2016 habe ich den Schritt gewagt und bin seitdem über ein Jahr im Ausland gewesen. Mein ganzes Leben steht Kopf, ich habe jeden einzelnen meiner Werte ausgetauscht und war nie glücklicher.
Im September starte ich nach dem nun vollendeten Studium ins Berufsleben und du hast mich noch weiter inspiriert, mir etwas aufzubauen damit ich aus diesem so schnell wie möglich wieder ausbrechen kann, denn ich bin mir sicher, dass ich in keinem 9-to-5-Job mehr glücklich werden werde.
Danke dafür von ganzem Herzen! :*
Marion meint
Ich bin begeistert und natürlich genau deiner Meinung!
Evi meint
Super Beitrag :). Ich plane auch eine Weltreise für nächstes Jahr gemeinsam mit meinem Mann. Habe mich mega amüsiert beim Lesen deines Beitrages :D. Liebste Grüße!
Fräulein_Ich meint
Genial, einfach nur genial 😀
Carina meint
😉
Anetka meint
Wow, deine Fotos sind großartig. Sie geben mir wirklich das Gefühl, dort zu sein. Und weit weg 🙁
Anna meint
Ich weiss es ist ein sarkastischer Text, aber du denkst komplett überheblich über die ganzen „normalen Menschen“ mit ihrem normalen und langweiligen Leben. Wer fährt die Lebensmittel in den Supermarkt, wer holt den Müll regelmäßig ab, wer pflegt kranke Menschen, wer operiert kranke Herzen usw. Einfach diese normalen langweiligen Menschen die für andere auf vieles verzichten.
Carina meint
Das ist die Definition von Ironie und Sarkasmus – übertrieben und teils snobbisch zu schreiben. Wenn Du meine Vorgeschichte kennen würdest, wüsstest Du, dass das in keinster Weise ernst gemeint ist, sondern einfach ein Ventil für Humor war. 🙂 (Übrigens ist es genauso irrtümlich betrachtet, einfach davon auszugehen, dass Menschen, die kranke Herzen operieren, ihr Leben als „Verzicht“ ansehen oder sich opfern. Sie lieben vielleicht einfach, was sie tun und haben sich ihr Leben genau danach aufgebaut. Und reisen in ihrem Urlaub nach Afrika, Australien, New York.)
Liebe Grüße
Carina
Uii meint
Es mag Sarkasmus sein, trotzdem steckt eine Botschaft in dem Beitrag.
Ich denke unsere Gesellschaft geht in eine Richtung, die auf Dauer unseren gewohnten Lebensstil in Frage stellt. Work-life-Balance funktioniert doch nur dann, solange es noch genügend Menschen gibt, die mehr leisten als leben. Es wird wenige Menschen geben, die immer nur gern zur Arbeit gehen. Ich freue mich auch aufs Wochenende.
Wenn aber jeder nur noch auf seinen Vorteil schaut, dann bricht in Zukunft unser System zusammen. Ich kann das gerade an meinem eigenen Arbeitsplatz beobachten. Ein Team von mehreren Leuten möchte homeoffice, Urlaub, Brückentage, Feiertage….die egoistischten Mitarbeiter arbeiten nur so, damit es ihnen gutgeht. Die TeamPlayer verzichten, damit der Laden läuft und Kollegen nicht überfordert sind. Was passiert, wenn jeder nur noch auf seinen Vorteil schaut? Wer soll mal unsere überalternde Gesellschaft pflegen, wenn wir durch die Welt reisen? Es kommt der Zeitpunkt, da wird man dann selbst alt sein und nicht mehr in einem Wohnmobil die schöne Welt bereisen können. Gibt es dann noch Pfleger*innen, die sich während eines 8-Stunden-Tages um einen kümmern?
Carina meint
Sehr berechtigte und wichtige Fragen. Ich kenne die Antworten darauf nicht, stelle mir aber selbst auch oft ähnliche Fragen. Mal allen Sarkasmus beiseite genommen, hat sich die Welt aber dahingehend nicht wirklich verändert. Den Arbeitsalltag den Du beschreibst, habe ich in der Pflege vor 15 Jahren gesehen und sehe ihn heute, wo ich wieder im Klinikalltag bin (allerdings an anderer Stelle und nicht in der Pflege) wieder genauso. Es wird immer und überall Menschen geben, die die Möglichkeiten, die sich ihnen bieten, (aus)nutzen, um ein bequemes und lässiges Leben zu führen und die, die zum Ausgleich zurückstecken müssen oder auf deren Rücken das ausgetragen wird. Ich denke, das hat nichts im Speziellen mit den Weltreisenden zu tun. Das siehst Du überall, in allen Bereichen und bei allen Menschen…
Marcel Rübesam meint
Richtig gut geschrieben, und wer nicht reist, verpasst wirklich sehr viel. Auch wenn es viel kostet und viel Zeit frisst, die Eindrücke behälst du für dein Leben. Wo geht eure nächste Reise hin? Liebe Grüße Marcel