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*Dies ist ein Gastartikel von Angelique*
Schon im Landeanflug erahne ich die Schönheit des Landes.
Der Libanon liegt zwischen Israel und Syrien, hat im Westen das herrliche Mittelmeer und ist halb so groß wie Hessen. In knapp vier Stunden fliege ich von Berlin-Schönefeld in den Libanon, in die Hauptstadt Beirut. Als ich aus dem Rafic Hariri Airport laufe, weht eine leichte Brise, und um 21 Uhr sind es noch 27 Grad. Stromkabel hängen tief zwischen den Häusern, an Palmen kleben Plakate von einem bärtigen Mann mit Brille: Hassan Nasrallah, der Anführer der Hisbollah.
Was weiß ich eigentlich über den Libanon? Ich will herausfinden, wie er ist.
Ich steige in ein Taxi. Mein Fahrer spricht kaum Englisch, aber perfekt Französisch und Arabisch. „Welcome to Lebanon“, sagt er. Er scheint nicht glauben zu können, dass ich als Frau alleine 10 Tage hier bin. Touristen gibt es ohnehin nicht mehr viele, das hängt natürlich mit dem syrischen Bürgerkrieg zusammen. Bezahlt wird übrigens in US-Dollar und libanesischen Pfund.
Wir fahren durch Vororte bis nach Gammeyzeh im Osten Beiruts. Streunende Hunde, keine Verkehrsregeln, die Geschäfte wirken verlassen. Irgendwann steige ich aus, ich will noch ein Stück zu Fuß gehen. Vor meiner Reise habe ich mich dazu entschlossen, das Land via Couchsurfing zu entdecken. Darüber habe ich Kontakt zu Gastgebern aufgenommen, bei denen ich kostenlos eine Nacht (oder auch mal zwei) auf einer Couch, Bett oder Matratze in den heimischen Gefilden des anderen verbringen darf.
Mein Kontakt für meine erste Übernachtung ist der Libanese Alain. Er holt mich an der Charles Helou Station ab, wo das berühmte Nachtleben tobt: Frauen stöckeln auf High Heels und in Mini-Kleidern über marode Straßen. Sie tragen kitschigen Schmuck, aber Kopftücher sehe ich kaum. Protzige Autos rasen auf und ab, aus denen arabische Musik dröhnt. Der 34-Jährige erzählt mir bei einer Wasserpfeife, dass Mar Mikhael und Gemmayzeh die Ausgeh- und Hipster-Viertel sind.
Bei ihm zu Hause angekommen, bin ich nur müde und würde gerne meinen Rucksack ablegen. Alain zeigt mir, wo ich schlafen kann: auf der Couch.
Am nächsten Morgen bekomme ich eine Stadtkarte, und Alain sagt mir, ich soll für eine Taxifahrt nicht mehr als 3000 libanesische Pfund zahlen, das sind ungefähr 2 Euro. Der Verkehr dort ist eine Katastrophe, sogar die größte Gefahr im Libanon: Jeder fährt, wie er will.
Verkehrsmittel im Libanon sind sehr billig, aber man darf keine Ansprüche haben. Die Minibusse (festhalten, sie sind oft ohne Türen), die einen von Beirut in den Rest des Landes bringen, sind eigen: laute Musik, man sitzt zusammengepresst, und es gibt keinen Fahrplan, denn der Bus fährt erst, wenn er voll ist. Manchmal brettern die ausrangierten Busse mit mehr als 160 Sachen über kaputte Straßen. Und: Hupen bedeutet entweder: Hey, steig bei mir ein, oder: Geh aus dem Weg!
Also halte ich einen Minibus an und springe rein (ja, springen). Die anderen Fahrgäste sind überfreundlich und winken, als ich aussteigen muss. Ich bedanke mich mit „shukran“, arabisch für Danke. Etwas schreckhaft bewege mich nun durch den zuckenden Verkehr.
Von Männern mit Sturmgewehren umgeben zu sein, fühlt sich eben befremdlich an.
Ich laufe am Hafen entlang, vorbei an einem Militärstützpunkt. Im gesamten Land passiert man etliche Checkpoints. Soldaten patrouillieren überall. Fotografieren ist verboten! Kontrast pur dazu: In Straßencafés spielen Kinder, machen Seifenblasen. In einem davon esse ich eine Süßspeise aus Käse, Pistazien und Zucker, dazu arabischen Kaffee zum Frühstück.
Nach 15 Jahren Bürgerkrieg wirkt das Viertel Downtown wie aus dem Boden gestampft. Dazwischen entdecke ich Häuser mit tiefen Einschusslöchern. Viele davon mit riesigen Werbeplakaten abgehängt. Ich laufe über den Platz der Märtyrer: Eine Moschee steht direkt neben einer Kirche. Das geht im Libanon!
Am Eingang bekomme einen Hijab (Kopftuch). Und: Schuhe aus! Ich schlurfe durch die Halle. Unter den glitzernden Kronleuchtern liegen Menschen und strecken alle Viere von sich, sind im Gebet versunken, wie in Trance.
Mein nächstes Ziel, um den Libanon besser kennenzulernen: Ich fahre nach Byblos, etwa 50 Minuten von Beirut entfernt. Ein malerisches Fischerdorf am Mittelmeer (der Libanon hat ganze 225 Kilometer am Meer), und hier bin ich mit Patrick verabredet. Er erzählt mir, dass er sich vor einigen Jahren ein altes Boot gekauft hat, um Touren anzubieten, aber leider verirren sich nicht viele Touristen hierher. Wir schippern in der Hitze mit seinem Kahn über das blau-grüne Wasser und werfen den Anker raus, schwimmen auf einen Felsen im Meer, angeln Fische und fangen Krebse. Besonders eilig hat es hier niemand.
Als Nächstes lande ich in Tripoli.
Sie ist die zweitgrößte Stadt im Libanon. Ich verliebe mich sofort in die traumhafte Promenade in der Gegend Al-Mina. Dort treffe ich auf Oussama. Zu meinem Glück, denn diese Stadt ist ein Labyrinth! Wir tauchen ein, in die engen Gassen, Tunnel und die Torbögen, durch die man fast geduckt laufen muss. Kaffeeverkäufer und Seifenmacher sitzen gesellig zusammen und rauchen, wie eigentlich überall im Libanon.
Der Souq (Markt) dort ist ein fantastischer Ort: Hamams, Koranschulen, Gewürze und handgemachte Dinge. Man sagt, er sei sogar der beste im Land. Fünf Kilometer außerhalb thront die Zitadelle. Von dort aus habe ich einen großartigen Blick über die Stadt, für den sich jeder beschwerliche Schritt bergauf gelohnt hat.
Von hier aus sehe ich auch das triste Beton-Kuppeltheater von Oscar Niemeyer. Es steht zwischen Palmen und zerfällt, als ob man es einfach vergessen hätte. Als der Bürgerkrieg 1975 ausbrach, wurden die Arbeiten unterbrochen – und bis heute nicht fortgesetzt.
Mein nächster Halt im Libanon ist Baalbek.
Die Bekaa-Ebene ist etwa 20 Autominuten von Syrien entfernt, und ich habe ein mulmiges Gefühl. Hier treffe ich Ali, er ist Student und sehr ambitioniert. Er zeigt mir die Ruinen von Baalbek. Besonders der Bacchustempel ist außergewöhnlich gut erhalten, alles ist so unvorstellbar groß und alt – ein faszinierender Ort!
Gerade ist Ramadan, der Fastenmonat der Muslime. Nach Sonnenuntergang esse ich meistens mit den Familien. Oft gibt es Hähnchen mit Hummus und Tabouleh (Salat), ganz traditionelle Küche.
Die Menschen, bei denen ich zu Gast war, begegnen mir als alleinreisender Frau mit sehr viel Respekt und sind bemüht, mir die arabische Kultur zu zeigen. Manchmal fühle ich mich sogar von ihrer Hilfe erschlagen.
Aber ich begegne ihnen offen und neugierig, und das bekomme ich zurück.
Angelique Geray ist eine freie Journalistin und wohnt in Hamburg.
Von ihr stammt nicht nur dieser Erfahrungsbericht aus dem Libanon, sondern auch die traumhaften Bilder darin.
Stefanie Schwarz meint
Einfach super! Ich spiele auch schon lange mit dem Gedanken, den Libanon zu bereisen und der Artikel hat mich darin jetzt wirklich bestärkt… Danke! <3
Yvonne Maier meint
Toller Blog! Schon lange habe ich Lust, mal alleine zu verreisen aber mich bisher nicht getraut. Ich lese mir alle Beiträge durch und schöpfe dadurch vielleicht mehr Mut, meine erste Reise allein zu machen. Ich bin ein schüchterner Mensch und habe etwas Sorge, bei einer Alleinreise zu viele Kontakte knüpfen zu müssen. Vermutlich würde mir aber genau das gut tun. Ich lese mich mal durch. Als Frau alleine in ein Land wie den Libanon reisen ist aber schon sehr mutig. Das hätte ich nie gemacht.